Zeitschrift für Rechtsphilosophie (ZRph), Münster 2007, S. 53-58

Rechtssicherheit und Willkürverbot

Die Beachtung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und der Rechtssicherheit, die dem Vertrauensschutz vorgelagert seien, stelle nicht nur ein Postulat der Rechtskultur, sondern auch ein verfassungsrechtliches Gebot dar. Bereits die Rechtssicherheit, die die Beständigkeit und die Unverbrüchlichkeit des Rechts fordere, stehe der Rückwirkung entgegen. Daher erscheine die Heranziehung des Vertrauensschutzes eigentlich überflüssig, allenfalls geeignet, die Funktion der Rechtssicherheit in diesem Zusammenhang zu illustrieren. In Wirklichkeit diene der Vertrauensschutz auch weniger der Begründung als der Begrenzung des Rückwirkungsverbotes. Die objektiv orientierte Rechtssicherheit werde auf den bürgerbezogenen und damit subjektiven Vertrauensschutz reduziert (so im Ganzen Hartmut Maurer, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. 3, 2. Auflage, 1996, Rn. 19, 26).

Ganz ähnlich wird auch eine Kontinuität als ein verfassungsrechtliches Grundprinzip verstanden: Bei der Rechtskontinuität handele es sich um ein Verfassungsprinzip, um einen von allen Staatsgewalten zu beachtenden Fundamentalgrundsatz, der auch die Permanenz der Rechtslage beinhalte. Die echte Rückwirkung eines Gesetzes habe mit dem Vertrauen des Bürgers nichts zu tun (Anna Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, 2002, S. 190 f., 205, 472).

Es ist zu zeigen, dass Rechtssicherheitslehre und Kontinuitätslehre damit die Funktion von Recht überdehnen.

Zwischen der Rechtssicherheit und dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot gibt es einen Zusammenhang. Rechtssicherheit (Bestandsschutz, Vertrauensschutz) bedeutet Freiheitsschutz für private Rechtsträger. Für Nicht-Private findet Rechtssicherheit zwar im Ergebnis auch, jedoch nur mittelbar Anwendung. Diese Rechtssicherheit ist daher in Wahrheit eine andere. Sie ist eine Folge des Willkürverbotes.

Inhalt

I. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz (Bundesverfassungsgericht)

II. Die Literaturansicht: Rechtssicherheit als objektives Grundprinzip

III. Zwei Funktionen von Recht: Freiheitsschutz und Schutz vor Willkür

IV. Rechtssicherheit (Bestandsschutz) für Nicht-Private als Folge des Willkürverbotes